Wehe, wenn es klingelt!

Ding-Dong! Es klingelt. Wer mag das nur sein? Ein Gluecksbote, der einen Millionengewinn ueberbringt? Aber Walter Sparbier ist tot. Ding-Dong! Schon wieder. Der Brieftraeger klingelt immer zweimal, das weiss ich aus dem Kino, und meistens gibt es dann Sex auf dem Kuechentisch. Vielleicht sollte ich doch lieber aufmachen... Andererseits habe ich gar keinen Kuechentisch. Ding-Dong! Seien wir mal ehrlich - wer koennte schon um diese Zeit bei mir klingeln? Kaum jemand, der Nettes mit sich bringt. Frueher konnte man trotzdem ruhig aufmachen. Das Schlimmste, was einem damals bei unvorsichtigem oeffnen der heimischen Eingangsschranke entgegenlaecheln konnte, war vielleicht die vollgeschmierte Spachtelfresse der dicken Avon-Beraterin oder das leicht deformierte Gesichtsuebungfeld eines mehrfach gesetzes- und nasenbruechigen jungen Mannes mit einem taetowierten Schweinekotelett auf der Schulter, der fragte, ob man etwa was gegen die Wiedereingliederung ehemaliger Strafgefangener haette. (Sagte man ja, war man ein bloedes Schwein, bei nein ein guter Mensch mit einem Dutzend neuer Zeitschriften im Abonnement.) Manchmal standen da auch zwei leicht debil laechelnde Wachturm-Halter in korrekter 70er-Jahre-Vertreterkleidung und fragten, ob man nicht vielleicht Lust haette, zusammen mit ihnen und Jehova in einem guenstigen Mietparadies die Ewigkeit zu verbringen und Loewen im Orangenhein zu kraulen. Ding-Dong! Aber so harmlose Leute klingeln heute nicht mehr. Statistisch gesehen erwartet einen in 80% der Faelle ein Kamerateam von RTL oder SAT.1 vor der Tuer, das eine knuffige "Verzeih mir" - oder "Besorg's mir" - Botschaft ueberbringen will - und neun von zehn der Leute, bei denen sie gerade bimmeln, waren gerade kacken. Ding-Dong! Ding-Dong! Oh, mein Gott - jetzt weiss ich, wer es ist: Ilona Christen! Haben Sie nicht auch die Werbung gesehen? Da flattert die knallkompetente Enthuellungsjournalistin derzeit wie ein auf Drogen gesetzter Zitronenfalter von Ort zu Ort und zwingt die Bevoelkerung zu Aussagen darueber, wie sie mit Arschi-Futur oder so aehnlich selbst die hartnaeckigsten Flecken aus der Unterhose gekriegt haben. Ding-Dong! Nein, das ist mir zu riskant. Und selbst auf die Gefahr hin, dass es mal wieder doch nur Cindy Crawford ist, die mich fragt, ob ich ihr eine Tasse Zucker borgen oder etwas gegen ihre sexuelle Frustration tun koennte - ich mach' nicht mehr auf!

(getippt von Thomas Schwarzenbacher)


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