Beton

Jeden Tag, liebe Tierfreunde, werden mehrere Quadratkilometer unserer Natur zubetoniert. Da wollen wir Tierfreunde nicht hinten anstehen. Am letzten Wochenende habe ich meinen ganzen Garten mit Stahlbeton versiegelt. Ein einzigartiges Schauspiel erwartet mich nun in den folgenden Jahrzehnten. Jahr für Jahr kann ich beobachten, wie das Leben ein neu entstandenes, unwirtliches Eiland Zug um Zug zurückerobert. Dort, wo noch vor einer Woche Hinz und Kunz planlos wuchern durfte, bekommt die Natur die Chance zu einem Neubeginn. Und wenn uns Tierfreunden der neue Entwurf nicht gefällt, dann können wir die Fläche ohne Probleme wieder löschen.

Vor ein paar Tagen hatte sich z. B. rund um einen Haufen Hundedreck eine Kolonie ekelerregender Kerbtiere niedergelassen: so hatten wir uns den Beginn des neuen Lebens nicht vorgestellt und mit unserem Gartenschlauch rasch wieder eine tabula rasa geschaffen. Doch schon einen Tag später hatten sich die Penner wieder versammelt. Diesmal galt ihr Interesse dem Vogeldreck.

Es ist herzzerreißend, liebe Tierfreunde: immer ist es der Abschaum, der ein Privileg wie diesen neu von mir geschaffenen Lebensraum auf der Betonplatte zuerst nutzt. Das Gute, Wahre, Schöne etwa in Gestalt des lieblichen Maiglöckchens zieht sich aus unserer Zivilisation zurück. Es ist wie in der Fußgängerzone, in der auch nur noch die Punker mit ihrem parasitären Lebensstil ein ständiges Siedlungsgebiet finden. Was dort der Wasserwerfer nicht erreichen kann, können wir mit unserem Gartenschlauch ohne Probleme realisieren: Hinfort mit allem Ekelerregenden, das unsere Betonplatte schändet. Auch die Natur wird sich fragen müssen, ob sie überhaupt in der Lage ist, mit positiven Ideen an der Gestaltung unserer Umwelt teilzunehmen. Auf meinen Beton antwortete sie mit Ungeziefer - wenn der Regenwald abgeholzt wird, droht sie mit Klimäntzug. Ja selbst bei so harmlosen Verrichtungen wie der Verwendung von Intimsprays werden von der Natur gleich die Polkappen abgeschmolzen. Ich als Tierfreund frage mich, ob wir uns die Überreaktionen von der Natur überhaupt noch gefallen lassen sollen. Ich bin mit meiner Betonplatte im Garten recht zufrieden. Wenn die Natur positive Gestaltungsvorschläge hat, kann sie sich gerne an mich wenden. Ihr Unkraut, schleimiges Gewürm und sonstige Abarten soll sie aber doch bitteschön auf ihren Grundstücken unterbringen.

(getippt von Thomas Bunz)


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