Auf der Jagd

Pssst, ich muß sie jetzt bitten, sich einen Moment äußerst ruhig zu verhalten. Ein kapitaler Bursche, dem ich schon seit Wochen auf der Spur bin, tritt soeben aus der Deckung. Die blanke Not treibt das mächtige Tier aus dem Unterstand. Auf dem knüppelharten Boden ist der Tisch längst nicht mehr so reich gedeckt wie früher. Die Erbmasst des Sommers ist aufgezehrt, und nun muß sich der Bulle für den harten Winter einrichten.

Es war ein gutes Jahr für ihn gewesen, mit seinen Rottenkolegen hatte er das Revier durchstreift und sich vom überreichen Futterangebot des Lenzes einen kleinen Speckbauch angefressen. Auch kaum ein Weibchen stand im Revier, das nicht detaillierte Aussagen über Größe und Funktion seines Gemächtes hätte machen können. Noch heute muß er grinsen, wenn er an die kleine Brünette zurück denkt, die sein Werben mit einem gezielten Tritt in den Unterleib beantwortet hatte. Obwohl der Schmerz wie ein glühend heißer Inter-Regio durch seinen Nerventunnel raste, und mit mächtiger Explosion im Kopf-Bahnhof zerschellte, hatte er keine Miene verzogen. Das hatte der Kleinen imponiert, und wenig später gehörte sie ihm, ohne zu Ahnen, das sie auf den ältesten Trick hereingefallen war. Alte Kempen wie er konnten nicht mehr gegen die jungen Spritzer von heute antreten. Das Einzige, was er ihnen voraus hatte, waren die Nehmerqualitäten. Sein Körper war übersäht mit Schründen und borkigen Narben, die ihm von militanten Frauen zugefügt worden waren. Nur zu oft hatte er ihnen den Macho-Sandsack gemacht und war übel zugerichtet worden, aber am Ende hatte es sich stets ausgezahlt. Sein grindiger Körper liest sich wie ein intimes Tagebuch.

Doch das ist alles nur Erinnerung. Was im Augenblick zählt, ist das nackte überleben, die Suche nach neuen Weidegründen, und just in diesem Moment, liebe Leser, bekomme ich den Burschen ins Visier. Noch einmal darf ich sie bitten sich äußerst ruhig zu verhalten, um den scheuen Einzelgänger nicht zu verschrecken. So, noch wenige Zentimeter, und er gehört mir.

......knirsch...knister.....

Ich weiß nicht, liebe Tierfreunde, ob auch sie Kopfläuse jagen, mir bereitet es ein ungeheures Vergnügen.

(getippt von Thomas Bunz)


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